Magengeschwüre beim Pferd

 
Lange Zeit wurden Magengeschwüre als Krankheit der Rennpferde angesehen. Mittlerweile gibt es aber bereits viele Studien, die sich mit dem Thema beschäftigen und diese haben gezeigt: Magenulcera bzw. EGUS (Equine Gastric Ulcer Syndrome) sind nicht nur ein Problem im Hochleistungssport, sondern auch unter Freizeitpferden weit verbreitet. Man geht davon aus, dass ein bis zwei Drittel der Sport-und Freizeitpferde betroffen sind. 
Trotz ihres häufigen Vorkommens bleiben Magengeschwüre oft unentdeckt, weshalb jede PferdebesitzerIn über das Krankheitsbild informiert sein sollte.


Ausflug in die Anatomie und Physiologie

  

Wie der gesamte Verdauungsapparat des Pferdes, weist auch der Magen einige anatomische Besonderheiten auf. Zum einen hat er im Verhältnis zur Körpergröße, ein sehr geringes Fassungsvermögen, sowie eine schlechte Dehnungsfähigkeit. Der Magen eines ca. 500 kg schweren Pferdes fasst durchschnittlich nur 12-15 L.
Außerdem ist die Magenschleimhaut durch eine scharfe Grenze in einen drüsenlosen Teil (Pars nonglandularis) und einen drüsenhaltigen Teil (Pars glandularis) getrennt. Je nach Lokalisation der Ulcera unterscheidet man EGGD (Equine Glandular Gastric Disease) bei Läsionen im drüsenhaltigen Anteil und ESGD (Equine Squamous Gastric Disease) im drüsenlosen Bereich. Physiologisch gesehen gibt es eine weitere Besonderheit im Pferdemagen, die zum Verständnis der Entstehung und Behandlung von EGUS besonders wichtig ist. Im Gegensatz zu anderen Säugetieren, wird beim Pferd als Dauerfresser durchgehend Magensäure produziert. Das heißt, dass sie kontinuierlich geringe Mengen Futter zu sich nehmen müssen, um den Säuregehalt ausreichend abzupuffern.


Faul oder krank?

 

Magenprobleme äußern sich in vielen Fällen leider sehr unspezifisch. Oft sind die ersten Anzeichen Rittigkeitsprobleme wie Klemmigkeit, Bewegungsunlust, Zähneknirschen oder auch Buckeln und Steigen. So werden Patienten häufig erst als ungehorsam oder unwillig abgetan.
 Weitere Hinweise können ein plötzlich auftretender Sattel- oder Gurtenzwang, beziehungsweise Abwehrverhalten beim Putzen (vor allem des Bauches) sein. Vielen aufmerksamen BesitzerInnen fällt bei ihrem magenempfindlichen Pferd vermehrtes Gähnen oder Flehmen auf. 

Oft kommt es zu Durchfall oder dunkel gefärbtem Kot. Bei schweren Fällen zeigt das Pferd bereits verringerten Appetit, beginnt Gewicht zu verlieren und es kann zu wiederkehrenden Koliken kommen. 


Zusammenspiel aus vielen Ursachen

 

Wichtigster Grund für die Entstehung von EGUS, sowie auch essentieller Baustein für die Therapie ist die Fütterung.
 Wie bereits erwähnt, ist der Pferde-Organismus darauf ausgelegt, durch stetiges Fressen ausreichend Speichel zur Pufferung der Magensäure zu produzieren. Der Speichelfluss wird hauptsächlich durch Kauen angeregt, weshalb die Raufuttergabe einen wesentlichen Teil einer ausgewogenen Fütterung darstellt. Gerade bei Pferden mit Magenproblemen steht und fällt die erfolgreiche Therapie mit einer optimalen Raufutterversorgung! 

Als weiterer Faktor gilt Stress jeglicher Art. Dazu zählen Transporte, Training, Turniere, Ungleichgewicht in der Herde, Schlafmangel, unpassendes Equipment, zu wenig Auslauf, Schmerzen und vieles mehr. 

Auch verschiedene Medikamente können einen Einfluss auf die Bildung von Schleimhautläsionen haben. Falls Magenprobleme bei einem Pferd bereits bekannt sind, ist es deshalb immer gut, die Tierärztin darüber zu informieren, damit sie Medikamente dementsprechend auswählen kann. 


Diagnose und Therapie

 

Eine eindeutige Diagnose kann nur mittels Gastroskopie gestellt werden. So kann auch die Unterscheidung zwischen EGGD und ESGD getroffen werden, die in ihrer Behandlung etwas voneinander abweichen. 

Als medikamentöse Therapie wird ein sogenannter Protonenpumpenhemmer verschrieben, welcher die Freisetzung der Magensäure hemmt. Eventuell kommt auch noch ein Präparat zum Einsatz, welches eine Art Schutzfilm über die Magenschleimhaut legt. Die Medikamente werden meistens für ungefähr 28 Tage verabreicht und daraufhin eine Kontrollgastroskopie durchgeführt. 

In weiterer Folge stehen uns noch magensäurepuffernde Ergänzungsfuttermittel zur Verfügung, die im Anschluss an eine tierärztliche Behandlung gefüttert werden können 

Die Therapie kann aber nur langfristigen Erfolg haben, wenn zusätzlich eine Verbesserung des Managements und insbesondere der Fütterung stattfindet. 

An welchen Schrauben gedreht werden kann und muss, ist immer individuell zu evaluieren, deshalb hier nur ein grober Überblick, worauf unbedingt geachtet werden muss. 

Als wichtigste Maßnahme steht eine Verkürzung der Fresspausen zwischen den Raufuttergaben auf maximal vier Stunden und eine Anpassung der Raufuttermenge auf mindestens 2kg/100kg Körpermasse im Vordergrund. In vielen Fällen kommen zu große Kraftfuttermengen zum Einsatz. Durch die geringe Faserlänge bzw. Struktur von Kraftfuttermitteln werden nicht genug Kauschläge durchgeführt, um die Speichelproduktion ausreichend anzuregen. Der Futterbrei wird im Magen nicht genügend mit Magensaft durchmischt, was zu einer längeren Verweildauer im Magen führt, was wiederum die Säuresekretion anregt. Aus diesem Grund sollte einerseits die Kraftfuttermenge pro Mahlzeit reduziert werden, andererseits sollte die Kraftfuttergabe nicht vor der Heufütterung erfolgen. Bei Patienten, die akut unter EGUS leiden, kann es notwendig sein, das Kraftfutter vollständig wegzulassen. 

Haltungstechnisch haben viele Studien gezeigt, dass Pferde in Boxenhaltung öfter an Magenulcera erkranken, als Pferde mit täglichem Koppelgang. 

Da Stress ebenfalls zu den Ursachen für Magenprobleme zählt, gilt es, die Stressfaktoren im Alltag des eigenen Pferdes zu erkennen und gezielt nach Lösungen zur Verbesserung zu suchen. 

 

Quellen: 

Sykes, B.W.: European College of Equine Medicine Consensus Statement – Equine Gastric Ulcer Syndrome in Adult Horses (2015) 

Salomon, F.V.: Anatomie für die Tiermedizin (2008) 

Zavoshti, F.R.: Therapeutics for Equine Gastric Ulcer Syndrome (2017) 

Banse, H.E.: Equine Glandular Gastric Disease: Prevalence, Impact and Management Strategies (2019) 

Schwarz, B.: Geschwür erkannt, Gefahr gebannt (Vet-Webinar, 2020) 

Pferdeklinik Tillysburg: Kolik-Workshop (2019)